Arbeits- und Schlafzimmer
Dank eines Bildes, das 1886 in einer Ausgabe der Zeitschrift Magyar Szalon abgedruckt wurde, und auch sonstiger Beschreibungen, war es möglich, Liszts sogenanntes Schlaf- und Arbeitszimmer ziemlich getreu zu rekonstruieren.
Ludwig Bösendorfer (1835-1919) war Liszts persönlicher Freund, wofür wir im Budapester Nachlass ein ganz besonderes Zeugnis haben: einen aus Walnussholz gefertigten, zweitürigen Schreibtisch mit drei Schubladen, in dem die mittlere sich als ein kleines, ausziehbares Tasteninstrument von drei Oktaven entpuppt. Liszt bedankte sich in einem Brief am 30. Januar 1877 für den Komponier- und Schreibtisch, diesen „fabelhaften Kunstgegenstand, welches mein Schreib-, Schlaf- und Esszimmer schmückt. … auf welches bald der für mich so liebe Name L. Bösendorfer eingraviert wird”. Das kleine Instrument, in dem fixierte Metallplättchen angeschlagen werden, von Miniatur-Hämmerchen, die sogar mit Dämpfer versehen sind, ist letztlich eher ein Kuriosum. Es ist höchstens dazu geeignet, den einen oder anderen Akkord anzuschlagen, den Fingersatz zu kontrollieren, sowie einen eventuellen Lauf beim Komponieren auszuprobieren. Sein leiser Ton konnte auch Ferenc Erkel kaum stören, als er als Direktor der Musikakademie für einige Jahre selbst über dem Schlaf- und Arbeitszimmer wohnte. Bösendorfers Geschenk ist ein Unikat, wir kennen sonst nichts dazu Vergleichbares.
Das Tischchen ist jenem ähnlich, das einst hier stand, mit dem von Alajos Strobl gefertigten Abguss von Liszts linkem Hand. Aufgestellt auf dem Tisch ist das Programm des Konzertes, das Liszt in Paris am 23. März 1886 im Palast von Mihály Munkácsy gab, mit der Abbildung, die ihn selbst darstellt.
Die Draperie hinter dem Bett stammt aus dem Liszt-Nachlass, obwohl hier ursprünglich ein von der Fürstin Carolyne gestickter Teppich hing. Ihre Arbeit war auch das Betttuch, über dessen Schicksal wir aber keine Angaben haben. Das Gemälde über dem Bett, das Cosima von Bülow, Liszts Tochter, darstellt, ist von Alajos Györgyi Giergl; die Umstände seiner Entstehung sind unbekannt. Der Betschemel wurde für die Wohnung in der Radialstraße angefertigt und von Sándor Fellner entworfen. Das Kruzifix ist womöglich ein Geschenk der Fürstin Carolyne Sayn-Wittgenstein. Auf dem Betschemel sind Liszts Gotteslob und Rosenkranz zu sehen. Der zweitürige Glasschrank stand ebenfalls in der Wohnung in der Radialstraße, darin befindet sich Liszts Budapester Bibliothek, welche er der Musikakademie vermachte. In dem anderen Schrank ist ein Teil seiner Notensammlung zu sehen. In den Büchern und Noten – zu denen auch ein detaillierter Katalog erschienen ist – sind zahlreiche Einträge von Liszt mit wertvollen Informationen und dem Nachlass-Stempel zu finden.
Ebenfalls ein Kuriosum, wenn auch nicht das einzig existierende Exemplar, ist sein Glasklavier. Der Hersteller, Georges Bachmann, wirkte in Tours und Angers und bezeichnete seine 1865 vorgestellte Erfindung als Piano-Harmonica. Allerdings hatte dieses Instrument von vier Oktaven (c1-c5), mit seiner Klaviermechanik und Glaspatten anstelle von Saiten, durchaus eine Vorgeschichte. Das Entstehungsjahr von Liszts Exemplar ist uns mangels Seriennummer nicht bekannt, ebenso wenig wissen wir, wann es in seinen Besitz gelangte. Jedenfalls wurde dieses vom Meister selbst als "joujou d'harmonica en verre" genannte kleine Instrument auf seine Anweisung hin, und unter Bösendorfers Aufsicht, 1872 zusammen mit dem Chickering aus dem Jahr 1867 nach Szekszárd gebracht: neben dem riesigen Flügel wirkt es wie ein Hündchen in einem Löwenkäfig. Vielleicht war es die von Bachmann komponierte und an Liszt gewidmete Sammlung „Fête des Nymphes“, die zu einer Verbindung der beiden Instrumente führte, da sie ein für Piano-Harmonica und Klavier geschriebenes Duettino enthält. Das Glasklavier kam 1987 in den Besitz der Musikakademie, an der Wand dahinter hängen Abbildungen von Liszts Verwandtschaft.